Das Landratsamt will rasch entscheiden
Von Domokos Szabó
Untersuchung. Die Kommunalaufsicht prüft derzeit, ob Christoph Fröse trotz seiner Stasi-Vergangenheit sein Amt antreten kann.
Mehr als jede zweite Stimme bekam er bei der Bannewitzer Bürgermeisterwahl. Entsprechend selbstbewusst gibt sich der selbstständige Fahrlehrer Christoph Fröse. Nächste Woche will der 51-Jährige schon mal ins Rathaus gehen, um sich seinen künftigen Arbeitsplatz anzuschauen.
Ob er die Stelle in der Tat antreten kann, liegt in den Händen von Thomas Rechentin (CDU). Der Chef der Kommunalaufsicht im Dippoldiswalder Landratsamt hat zu prüfen, ob Fröse trotz seiner freien Mitarbeit bei der DDR-Staatssicherheit für den Chefposten geeignet ist. Laut Gesetz dürfen jedenfalls Ex-IMs „grundsätzlich“ nicht ins Beamtenverhältnis berufen werden.
Worauf es ankommt, ist jedoch eine Einzelfallprüfung. Im Fall Fröse soll diese nun schneller über die Bühne gehen als allgemein erwartet. „Im Interesse der Gemeinde hoffe ich, dass wir eine Entscheidung bis zum 11. April hinkriegen“, sagte Rechentin zur SZ. Ansonsten bekäme Bannewitz am 12. April einen Bürgermeister auf Abruf.
Prozess dauert Jahre
Freilich will Rechentin nicht vorab verraten, wie Fröses Chancen stehen. Im Gegensatz dazu ist bekannt, was bei der Überprüfung zählt. Michael Beleites, Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, sagt: „Wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Anwärter gegenüber Bürgern, denen er geschadet hat, den Rechtsstaat vertreten soll, so ist davon auszugehen, dass er nicht geeignet ist.“
Der Stuttgarter Rechtsanwalt Holger Zuck verweist auf das Königstein-Urteil des sächsischen Verfassungsgerichtshofes und auf vier weitere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in ähnlichen Fällen. In Königstein wurde von dem 1994 gewählten Bürgermeister Rudolf Maiwald erst nach dem Urnengang bekannt, dass er Spitzel war. Nach jahrelangem Prozess durfte er sein Amt antreten. Der Verfassungsgerichtshof hatte den Fall an das Oberverwaltungsgericht Bautzen zurückgegeben, weil dieses es versäumt habe, über Maiwalds zukünftiges Verhalten eine Prognose zu erstellen. Zuck stand damals Maiwald juristisch zur Seite. Bei der fraglichen Prognose hält er nicht zuletzt die Art und Weise für entscheidend, wie sich ein IM von der Stasi gelöst hat. „Je länger dies zurückliegt und je riskanter der Ausstieg war, desto unbedenklicher ist die Person“, sagte er zur SZ. Angesichts dessen, dass Fröse selbst noch im September 1989 Berichte schrieb, habe er „keine guten Karten in der Hand“.
Von seiner Anwerbung an, im Jahre 1985, informierte der Bannewitzer die Staatssicherheit unter dem Decknamen „Gallinat“. Zuck betont, es sei unerheblich, ob die Berichte letztendlich jemandem geschadet haben. Vielmehr gehe es um die „schädigende Tendenz“. In Fröses Fall käme hinzu, dass er seinerzeit als Bürgermeister gespitzelt hat. „Er hat sich die Inhalte und Ziele des Regimes zu eigen gemacht“, so Zuck.
Bereits Reue gezeigt
Klaus Bartl, verfassungsrechtlicher Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, relativiert das. „In der DDR gab es eine Verordnung, die Bürgermeister zur Zusammenarbeit verpflichtet hatte“, so Bartl. Für eine positive Prognose reiche völlig zu, dass ein Ex-IM Reue zeigt. Im Wahlkampf bezeichnete Fröse seine Tätigkeit für die Stasi als den „größten Fehler“ seines Lebens und bat allgemein um Entschuldigung. Bartl führt zudem ins Feld, dass ab Ende 2006 laut Stasi-Unterlagengesetz das Spitzeln in der DDR rechtlich niemandem mehr vorgehalten werden darf.
Fröse selbst geht „definitiv“ von einer positiven Entscheidung der Kommunalaufsicht aus. Andernfalls will er prozessieren – „im Interesse der Wähler“, wie er sagt.