Die "Sächsische Zeitung" im Weißeritzkreis wertet am 1. April 2006 ausführlich die Wahl des IM "Gallinat" zum Bannewitzer Bürgermeister aus. Die Bitte der "SZ", mich in ein paar Zeilen zu der Thematik zu äußern, hatte mir durchaus etwas Schlaflosigkeit beschert...

 Die Akte Gallinat

Von Domokos Szabó (Sächsische Zeitung 01. April 2006)

Stasi-Vorwürfe. Der alt-neue Bürgermeister von Bannewitz gibt zu, für die DDR-Staatssicherheit gespitzelt zu haben. Doch was hat er genau getan?

Da schwingt schon reichlich Verzweiflung im Ton mit. „Für mich ist es unverständlich, dass von einem Bezirksorgan solche Reden bzw. Reden mit solchem Inhalt genehmigt werden.“ Gemeint ist damit eine wohl zu scharfe Büttenrede, die vom Karnevalsklub Wurgwitz für die Saison 1988 vorbereitet wurde. In Bannewitz sollte Ähnliches nicht passieren. Christoph Fröse, bereits vor der Wende eine Zeit lang Bürgermeister der Gemeinde, sieht sich zum Handeln gezwungen. „Ich vertrat gegenüber dem Karnevalsklub die Meinung, dass ich als Gemeinde bestimmte, was in meiner Gemeinde vorgetragen wird oder nicht.“

Überliefert wurde diese Begebenheit durch die Staatssicherheit der DDR, die Worte stammen aus einem Bericht, den IM Gallinat, so Fröses selbst gewählter Deckname, am 26. Mai 1988 mündlich abgegeben haben soll. Der SZ liegt die IM-Akte vor. Fröse bestreitet heute, selbst gestrichen zu haben, wie es darin steht. Er habe lediglich eine Empfehlung dazu abgegeben. Über den weiteren Inhalt der Akte möchte er nicht mit der SZ reden.

Bereits 1992 kam ein Untersuchungsausschuss des Gemeinderates zu dem Ergebnis, dass Fröse ein aktiver Inoffizieller Mitarbeiter gewesen sei. Von seiner Anwerbung an, im Jahre 1985, bis zur Auflösung der Stasi hatte er laut Untersuchungsbericht 30 Treffs mit seinem Führungsoffizier und fertigte 28 handgeschriebene Berichte an. Außerdem existieren 14 gesprochene Tonbandberichte. Fröses Aufgabe war es insbesondere, Informationen über Ausreisewillige zu liefern. Dies geht aus der Akte hervor. Aufgrund der Berichte führte die Stasi sieben „operative Personenkontrollen“ durch, heißt es im Untersuchungsbericht. Für seine Tätigkeit erhielt Fröse dreimal Geld – 50, 100 und 150 Mark – sowie ein Präsent. Die Quittungen über die Beträge sind in der Akte ebenso zu finden wie Fröses Verpflichtungserklärung. Mit seiner Tätigkeit wolle er einen Beitrag zur Erhaltung des Friedens leisten, heißt es darin. Allerdings gab es auch Reibereien, als der IM zu vereinbarten Treffs nicht erschien. Für seine „schlechte Treffdisziplin“ rügte ihn die Mielke-Truppe ausdrücklich. Das hinderte aber die Kreisdienststelle nicht daran, Fröse mit neuen Aufträgen zu versorgen. Er sollte zum Beispiel die Stimmung in der Bevölkerung auskundschaften.

In weiteren Berichten geht es 1989 um die aufkommenden Proteste gegen das geplante Reinstsiliziumwerk in Gittersee. „Ich werde (…) den 13. 4. im Auge behalten, damit nicht illegal eine Veranstaltung durchgeführt wird“, lässt Fröse die Stasi am 4. April 1989 laut den Unterlagen wissen.

Nach der Wende wird der Mann in den neuen Gemeinderat gewählt und versichert zunächst eidesstattlich, nicht gespitzelt zu haben. Erst bei der Durchleuchtung der neu gewählten Gemeinderäte fliegt er auf. Der Rat lehnt eine weitere Zusammenarbeit mit ihm ab und fordert ihn auf, sein Mandat niederzulegen. Dazu kommt es allerdings nicht. Ab 1992 bleibt der Ex-IM einfach den Ratssitzungen fern.