Von Manuela Reuß
Die neue Autobahn-Maut für Lkw ab 12 Tonnen ab 2003 stößt bei Speditionen und Fuhrunternehmen im Rödertal auf Kritik. Sie soll die schon jetzt vorhandene Vignette ablösen. Während letztere kilometerunabhängig ist, sollen bei der Maut pro gefahrenen Kilometer zwischen 27 und 37 Pfennigen (umgerechnet 14 bis 19 Cent) bezahlt werden. Dadurch sehen Spediteure ihre Firmen in Gefahr.
"Gegen die Maut können wir sicher nichts machen, aber wir wollen, dass dafür die Steuern gesenkt werden", sagt Dieter Scholze, Niederlassungsleiter der Westfracht Spezialverkehr GmbH in Ottendorf-Okrilla. Sollte sich die Politik sträuben, einheimische Transportbetriebe in irgendeiner Weise zu unterstützen, dann "treibt das Firmen en gros in den Ruin". Denn, so Scholze, die Spediteure können die Maut ja nicht einfach auf den Kunden umlegen. Das Ottendorfer Unternehmen ist im Bereich Schwerverkehr tätig. Seine Fahrzeuge - unter anderem auch Tieflader - sind länger, breiter und schwerer als übliche Brummis. Sie befördern "schwere Brocken" bis 80 Tonnen Gewicht. Unterwegs sind die Westfracht-Autos in ganz Deutschland und europaweit.
Der Chef der Arnsdorfer Spedition Aust ist zurzeit mit einer Fuhre nach Spanien unterwegs. Seine Mutter, die inzwischen die heimische Firma "hütet" übermittelte ihm während einer Pause telefonisch unsere Fragen. Eine Maut nur für Lkw findet der Unternehmer nicht so gut. Besser wäre, auch Pkw-Fahrer, zur Kasse zu bitten, so wie es beispielsweise in Frankreich üblich ist. "Wenn schon zahlen, dann alle", ist seine Meinung.
Dabei liegt er "auf einer Welle" mit Andreas Warschau aus Hermsdorf. Der Sprecher des Regionalverbandes Westlausitz Bündnis 90/Die Grünen findet es konsequenterweise besser, wenn alle Autobahnnutzer zahlen müssten. Im Gegenzug dafür sollte die Kfz-Steuer abgeschafft werden. "Denn die bezahlt jeder. Egal ob sein Auto in der Garage steht oder fährt." Prinzipiell sei die Maut aber richtig, "weil die Lkw auch die höchste Belastung für die Autobahn darstellen".
Wie Dieter Scholze wünscht sich auch der Arnsdorfer Geschäftsmann Unterstützung vom Staat, beispielsweise eine Rückzahlung vom Finanzamt. Die, so stellt er sich vor, könnte jährlich oder halbjährlich anhand der nachweislich gefahrenen Kilometer erfolgen. Die Kfz-Steuer zu erlassen würde nach seiner Meinung nicht allzuviel bringen. Denn, so erklärt Mutter Aust, pro Lkw zahle ihr Sohn "nur" rund 270 Mark Steuer im Monat. Über 700 Kilometer rollen die Austschen Brummis am Tag. Dafür fielen bei 30 Pfennigen Maut 210 Mark täglich, also satte 4 200 Mark im Monat an. Ganz ohne Unterstützung würde es deshalb sehr hart. Die Firma Aust fährt außer Computer, Handys und anderer Elektronik so ziemlich alle Waren in ganz Europa, außer Russland, England und Italien, breit. Da es schwer sei, gute Fernfahrer zu bekommen, sitzt der Chef zurzeit eben auch selber auf dem Bock.
Gefahr für viele Arbeitsplätze
Eine Gefahr sieht Sven Schmolling, Chef der gleichnamigen Spedition in Radeberg in der Maut vor allem für kleinere Firmen. "Viele, die nur zwei bis vier Lkw haben, werden dann kaputt gehen." Dass die Maut, so wie aus dem Bundesverkehrsministerium verlautete, "höhere Anreize für eine wirtschaftlichere Auslastung der Transportkapazitäten" schaffe, kann er nicht nachvollziehen. "Das macht man als Unternehmer doch eigentlich automatisch. Denn der Sprit ist schon teuer genug." Seine Firma könne die geplante Gebühr teils umgehen. Denn die Touren für Eschebach seien flexibel zu legen, ein Ausweichen auf die Landstraße möglich. Bei den Touren für Gamma sei das schon schwieriger. "Die Kunden, die ihre Produkte in der Radeberger Firma bestrahlen lassen, kommen aus Hamburg und Koblenz." Logisch, dass man da Autobahn fahre. Werde die Tour teurer, würden die Firmen in Holland bestrahlen lassen. "Also muss der Transport preiswert bleiben." Nicht nur Arbeitsplätze in Speditionen, auch bei Dienstleistern, die beispielsweise Produkte veredeln, seien dadurch in Gefahr, warnt Schmolling. Sein Vorschlag, Kfz-Steuer streichen und Gewinnsteuer fürs Transportgewerbe senken. "Denn wenn man schon mal einen Gewinn macht, dann frisst der Staat die Hälfte. Das kann nicht sein."
Ulrich Ebmeyer, Geschäftsführer der N &S Nutzfahrzeughandel und Service GmbH und Co. KG sieht die ganze Sache etwas anders. "Das ganze Problem ist hausgemacht. Es gibt zu viele Speditionen und jetzt erfolgt eine natürliche Auslese." Denn heutzutage sei es "einfacher ein Transportunternehmen aufzumachen als eine Imbissbude". Da es kaum Zugangsbeschränkungen gäbe, würden viele - mitunter auch recht blauäugig - versuchen sich in dieser Branche selbständig zu machen. "Schließlich gibt es auch Aufträge. Aber zu Preisen, die meist nicht kostendeckend sind." Da müsse man schon genau rechnen. Auch deshalb hat seine Firma zwei Standbeine. Wer heute nur von einem Transportunternehmen lebt, für den werde es sehr schwer. "Herr Eichel braucht Geld. Wenn er eine volle Kasse hätte, käme er nicht auf eine solche Idee."
Ebmeyer will die Maut-Kosten auf jeden Fall auf den Kunden umlegen. "Wie soll das sonst gehen?" Keine Frage, dass am Ende dadurch auch die Preise der Waren steigen. Aber das traue sich nicht jeder Spediteur, aus Angst Kunden zu verlieren. "Viele Firmen schleppen zudem einen zu hohen Kostenapparat mit, haben alte Fahrzeuge für die sie hohe Steuern bezahlen und deren Dieselverbrauch enorm ist", erklärt Ebmeyer. Von diesen Firmen würden über kurz oder lang einige in große Schwierigkeiten geraten.
Es gibt aber auch schwere Lkw, die nach wie vor ohne Maut über die Autobahn düsen dürfen: Feuerwehren und Fahrzeuge des technischen Hilfswerks - meist ebenso über 12 Tonnen schwer. Denn wenn sie unterwegs sind, dann aus gemeinnützigem Grund. Deshalb sind diese Lkw auch von der Steuer befreit, weiß Gert Schöbel, Chef des Kreisfeuerwehrverbandes.