Zunehmend milde Winter in Sachsen – überdimensionierter Skilift Fehlinvestition

Zu: „Das Osterzgebirge muss vom Tourismus leben können"

Ich stimme dem Leserbriefautor zu, dass das Osterzgebirge vor allem eine Zukunft im Tourismus haben wird. Allerdings halte ich seine Schlussfolgerungen für falsch, wenn er meint, der Skilift in Rehefeld sei nun einmal vorhanden und man müsse deshalb und vor allem, um die Überlebensfähigkeit des Ortes zu gewährleisten, alles tun, um die finanziellen Verluste verringern zu helfen. Dies ist vor allem deshalb falsch, weil es erstens nicht nachhaltig, d. h. auch im Interesse der nachfolgenden Generationen, gedacht ist, und weil der Leserbriefautor offensichtlich einige schon länger bekannte Tendenzen – ebenfalls wissenschaftlich belegt – schlichtweg ignoriert. Leider ist es vielen Menschen offenbar immer noch nicht bewusst, welche dramatischen Folgen der Klimawandel gerade für Sachsen und das Osterzgebirge haben wird. Ich zitiere deshalb aus der Klimaprognose für Sachsen. Die die Freie Universität Berlin während eines Projektes in den Jahren 1999/2000 erstellt hat.
„ Es ist mit einer deutlichen Zunahme der Häufigkeit warmer Wetterlagen in Verbindung mit vorherrschender Südwestanströmung und damit einer Verstärkung der mit Niederschlagsabschwächung verbundenen Lee-Effekte nördlich des Erzgebirges zu rechnen.
. Die mittlere Jahrestemperatur wird um bis zu 2,7 Grad ansteigen; im Frühjahr kann es bezüglich der Maximumtemperatur bis zu 4 Grad wärmer werden.
. Die jährlichen Niederschlagssummen werden abnehmen. Ein Rückgang ist vor allem im Frühjahr und Sommer zu erwarten und damit wird es in der Vegetationsperiode wesentlich trockener.
. Auch die Sonnenscheindauer nimmt vor allem im Frühjahr und Sommer deutlich zu.
Durch die Kopplung dieser Tendenz mit dem erwarteten Temperaturanstieg und der Abnahme der Niederschläge muss mit entsprechenden Konsequenzen für Wasserhaushalt und Vegetation gerechnet werden.
Es deutet sich an, dass unter den Bedingungen der globalen Erwärmung in Sachsen weiterhin strenge Winter auftreten können, zunehmend aber sehr milde Winter. Auch kühle Sommer sind nach wie vor möglich. Mit Blick auf die zu erwartenden Niederschlagsverhältnisse zeigt sich, dass im Gegensatz zur deutlichen Abnahme der mittleren monatlichen Niederschlagssummen im Frühling und Sommer die extremen Ereignisse, also vor allem lokale Starkniederschläge, gegenüber den simulierten Niederschlagssummen für das gegenwärtige Klima offensichtlich zunehmen werden. Dies steht im Einklang mit Untersuchungsergebnissen zum Klima in historischer Zeit, wonach sich gerade in Phasen einer raschen Klimaänderung gehäuft extreme Situationen einstellen. Der sich abzeichnende Rückgang der mittleren Niederschlagshöhen für Frühling und Sommer signalisiert aber auch, dass ausgeprägte Trockenperioden häufiger auftreten werden.„
Diese Ereignisse werden nicht irgendwann stattfinden, sondern wir befinden uns bereits in dieser Entwicklung, an der sich auch nichts ändern wird, selbst wenn sich das ökologische Bewusstsein der Leute wider Erwarten schlagartig ändern würde. Für Rehefeld wie für das ganze Osterzgebirge heißt das, dass wir einerseits sehr warme und trockene Frühjahre und Sommer erhalten werden, sich die Vegetation auch in unseren Breiten nachhaltig ändern wird (eine Reihe von Pflanzenarten benötigt mehr Wasser, als dann vorhanden sein wird), und lokale Starkniederschläge zunehmen werden. Die Sache mit dem Kältepol des Osterzgebirges ist doch jetzt schon ohne Bedeutung: Wieviele Tage war es in diesem Winter möglich, den Skilift zu betreiben, und hätten die ausgereicht, selbst ohne Bäume, die Wirtschaftlichkeit herzustellen? Ich bezweifle auch, dass die erwähnten Starkniederschläge gut für den Ort Rehefeld und den Tourismus in der Region sein werden, wenn aufgrund der fehlenden Vegetation die Gefahr der Bodenerosion noch zunehmen wird. Wir werden noch froh über jeden Baum sein, den wir uns erhalten, und nicht umsonst ist auch das Gelände, in dem der fragliche Skilift steht, zum FFH-Schutzgebiet erklärt worden.
Die Verantwortlichen wären klug beraten zuzugeben, dass der überdimensionierte Skilift in Rehefeld eine Fehlinvestition war und den sowohl ökonomischen wie ökologischen Schaden nicht noch weiter vergrößern, indem sie auf einer Abholzung wertvoller Baumbestände bestehen. Tragfähige Tourismuskonzepte für das Erzgebirge dürfen sich nicht zu sehr auf die künftig weniger werdenden Wintersportmöglichkeiten konzentrieren, und Bürger, die sich über den Tag hinaus Gedanken um unsere Region machen, sollten bitte nicht als Ketzer verteufelt werden.

Andreas Warschau